Blue Flower

Musiker, Maler, Mensch

Kurator Manfred Besser freut sich über den Erfolg der Hamburger Lindenberg-Ausstellung

Hamburg. Am Anfang waren es "Udogramme", Frauen und Männer mit Hut, hingeworfen auf Papier mit schnellem Strich und fröhlicher Farbe. Das war 1995. Seither hat der Rockmusiker Udo Lindenberg ein malerisches Werk geschaffen, das vor nichts und niemand Halt macht. Die Malerei hat den 65-Jährigen durch musikalische Flautezeiten getragen, und jetzt, wo Lindenberg so wertvoll ist wie nie, ist natürlich auch die Bilderwelt gefragt. Der ganze Udo, der Maler, der Musiker und der Mensch, ist Thema einer laufenden Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. 15 000 Besucher kamen bereits, "das ist richtig rasant", heißt es aus der Pressestelle des Museums, und schon jetzt gilt als sicher, dass "Udo. Die Ausstellung" länger laufen wird als bis zum zunächst vereinbarten Schlusstermin 11. März.

Lindenberg kreuzfahrtet zurzeit durch die Karibik, am 10. März geht er auf eine neue, so gut wie ausverkaufte Tournee, die in den großen Hallen der Republik Station macht. Lindenbergs aktuelles Album "MTV Unplugged - Live aus dem Hotel Atlantic" verkauft sich wie geschnitten Brot, und sein Song "Cello" aus dem "Andrea Doria"-Jahr 1973 läuft in der Neufassung mit Clueso mindestens stündlich im Radio. Damit nicht genug: Das Lindenberg-Musical "Hinterm Horizont" füllt achtmal pro Woche das Theater am Potsdamer Platz - mit 1800 Plätzen eine der größten Bühnen in Deutschland. Kein Musical sammelt aktuell mehr Publikum ein als die Geschichte, die sich um den gesamtdeutschen Udo rankt.

 

Die Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe fußt auf einer Präsentation, die bereits auf Schloss Neuhardenberg zu sehen war. Kuratoren sind der in Hamburg und Ellringen lebende Künstler Manfred Besser und Caroline Gille. Die aus Lüneburg stammende Kuratorin ist für das Kulturprogramm der Stiftung Schloss Neuhardenberg zuständig. Manfred Besser zählt zum engen Kreis um Lindenberg, er hat dem Musiker den Weg in die Malerei geebnet und kennt sich wie kein anderer im kaum noch überschaubaren "Lindenwerk" aus.

 

Besser hat schon viele Ausstellungen für Lindenberg eingerichtet. Dieses sei seine schwerste gewesen, sagt er, weil sich die Vorstellungen von Museumsmachern und Rockmusikern nicht von vornherein decken. Musik, Filme, Interviews gehören nun zur Ausstellung, harte Fans könnten dort glatt zwei Tage verbringen, meint Besser. Tatsächlich lässt sich viel von Udo Lindenbergs assoziativer Arbeitsweise und seinem Strom an Ideen erahnen - Textfetzen auf Bierdeckel, Hotelzettel und eine Serie von zugeschriebenen und bekritzelten Schreibtischunterlagen laden zum Entziffern ein.

 

LP-Cover führen durch die Karriere des Musikers, Tourjacken, ein "Lindenflipper" und immer wieder seine Malerei füllen eine ganze Flucht des Museums. Zu den skurrilen Ausstellungsstücken zählt das Schlagzeug, das beim Trommeln zur Farbpistole wird - (un)passenderweise Ejakulator genannt.

 

Lindenberg, der Wahlhamburger, ist seit Jahren dabei, zu prüfen, wo und wie er sein Schaffen auf Dauer erhalten kann, als eine Art kreative Akademie. Hamburgs Chefhanseaten sollten sich dazu etwas einfallen lassen, wenn sie es denn interessant finden. Die nächste große Ausstellung wird wohl in Berlin zu sehen sein, Gespräche laufen. Und von Berlin fühlt sich Hamburgs prominenter Hoteldauerbewohner zunehmend angezogen.

Quelle: LZ, 17.01.12