Blue Flower

Benzin im Blut und Eierlikör im Bild

Mit Bierglas und Zigarre hat Udo Lindenberg durch die Ausstellung „Porsche. Panik. Power“ im Museum des Sportwagenherstellers geführt. Seine Bilder sind unter anderem mit Eierlikör koloriert.

Stuttgart -

Hallöchen“: Mit Bierglas in der einen und Zigarre in der anderen Hand tigert Udo Lindenberg in die Ausstellung: brauner Hut, getönte Brille, ganz in schwarz mit grasgrünen Socken. Der 68-Jährige ist der Anführer des intimen Rundgangs durch die Schau „Porsche. Panik. Power“. Seine Kunstobjekte erläutert er im Dialog mit seinem Freund, dem Porsche-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Uwe Hück: „Wir sind beide Straßenköter.“

Die Udo-Schau im Porsche-Museum beginnt bei den Porträts seiner Eltern – die sinnliche Oberlippe stammt eindeutig von Mutter Hermine. In den Vitrinen breitet sich Lindenbergs Leben aus, vom Zeugnis aus der Grundschule Gronau (Handschrift: „ausreichend“) über erste Textentwürfe, Plattencover, die Stasi-Akte bis zur Suite im Hotel Atlantic und seinem schwarzen Panamera V 8 Bi Turbo. „Ich bin ein geschmeidiger Fahrer, nachts auf der Autobahn entstehen die geilsten Texte.“

 

Udo Lindenberg nuschelt das in die Kameras und Mikrofone, er ist in der Selbstinszenierung ein absoluter Medienprofi. Seine Entourage unterstützt allenthalben, mit einer neuen Cohiba, einem anderen Jackett. Allen voran sein künstlerischer Lehrer und Sprecher Manfred Besser. Er lenkt, springt bei, erträgt den Witznamen „van Gogh“ mit scheinbar stillem Schmerz.

Rückgrat der Schau sind rund 100 Bilder. Seine Werke koloriert Lindenberg auch schon mal mit Alkohol: „ Das ist Eierlikör, Blue Curaçao, Grenadine“, erklärt er am Werk. Mal posiert er auf einem Fahrzeug, mal gibt er ein Trommel-Solo zum Besten, zwischenzeitlich landet die Krawatte im Bierglas, jetzt tropft sie ein wenig, die gute Laune bleibt. Und man fragt sich wiederholt: Meint der das jetzt ernst?

Nach einer Stunde dürfen auch die geladenen 450 Gäste strömen. Udo malt artig ein kleines Likörell mit seinem Lieblingsmotiv: er selbst, mit drallbusiger Frau. Relaxt geht es zu auf der Vernissage, die auch die Party zum sechsten Museumsgeburtstag ist. Es gibt Krabbensalat und Currywurst, auf den Stufen plaudern die Herren Müller (Matthias, Porsche-Vorstand, und Richie, TV-Kommissar). Udo hat Pause.

Kurz vor zehn ist er zurück, setzt sich ans Schlagzeug auf der Drehbühne, trommelt und bespritzt eine sieben Meter lange mit Comics verzierte Leinwand. „Damit kann ich die Farben rausballern, das ist mein Ejakulator.“ Ein bisschen Provokation beflügelt das Geschäft. Schließlich ist ein Teil der Werke käuflich, je zehn Prozent ihres Preises gehen an die Udo-Lindenberg-Stiftung mit Sitz in Calw und an das Kinderhospiz Stuttgart.

Und nach liebevollen Nachbereitungen des Werks mit Besen, Spraydosen und Stift nähert sich der Höhepunkt des Abends: ein Privatkonzert mit bis zu acht Mitgliedern des legendären Panikorchesters. Leichtfüßig tänzelnd und mit der unverkennbaren Schnarrstimme hebt Udo die ersten Worte von „Cello“ an. Er kommt ganz nah ran an die erste Reihe, dann nimmt er die Brille ab, ein kollektives weibliches Aufstöhnen.

Vor dem „Mädchen aus Ostberlin“ gurgelt Udo mit Eierlikör, und zu Hits wie „Horizont“ oder der „Andrea Doria“ rollt natürlich auch der „Sonderzug nach Pankow“ durchs Museum. Noch einmal schleudert Udo das Mikro im Kreis, ein Zug aus der Zigarre, dann schaltet er den Turbo runter. Was würde er dazu sagen? „Geile Show“.

Quelle: StZ: 01.02.15