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Udo Lindenberg open air in Hamburg

Mit einem atemberaubenden Open-Air-Auftritt in Hamburg hat Udo Lindenberg seine "Keine Panik live"-Tour 2016 fortgesetzt. Es war ein gigantisches, rundum gelungenes Open Air vor ausverkauftem Haus. Dass er "sein Ding macht“ ist schon seit Jahren amtlich. Aber die "Keine Panik“-Tour ist vermutlich das bombastischste Ding, dass Udo Lindenberg je auf die Beine gestellt hat. Mit einer genialen Show, großartigen Gästen und einer fantastischen Band hat sich der Panikpräsident im ausverkauften Volksparkstadion ein Denkmal gesetzt.

Wo der Hammer hängt, zeigt Udo Lindenberg den gut 45.000 Fans schon in der ersten Viertelstunde. Während das Panikorchester mit "Odyssee" das Stadion entert und sich im Getöse ein Schiffsbug mit der Aufschrift "Rock Liner" auf die Bühne schiebt, steigt aus einem kleinen Verschlag am anderen Ende der Arena eine Nebelwolke auf. Und erst ganz langsam erhebt sich aus dem Dunst ein Schlapphut, drunter eine Sonnenbrille. Festgezurrt auf einem winzig kleinen Gestell schwebt Udo Lindenberg durch das gesamte Stadion der Bühne entgegen - getragen von einer regelrechten Jubelwelle. Dort angekommen, spurtet er sofort den Laufsteg entlang und singt "Einer muss den Job ja machen“. Er natürlich, wer auch sonst.

 

Udo macht sein Ding - und wie!

Und anstatt erst einmal Luft zu holen, legt Udo mit "Ich mach mein Ding" und "Coole Socke" gleich noch ein paar Songs nach, die eindeutig aus der Kategorie "persönliche Denkmalpflege" stammen. Was für ein Auftakt! In diesem Tempo geht es weiter - kaum ein Song, bei dem Udo Lindenberg einfach nur mal da steht und nur singt. Tanzend geht’s runter auf die kleine Bühne im Publikum, dann im Laufschritt zurück zur Band, während er das Mikro wie ein Lasso schwingt. Selbst bei eher langsamen Balladen wie "Sternenhimmel" zeigt Udo ganzen Körpereinsatz und liegt beim letzten Takt ausgesteckt auf dem Bühnenboden. In der einzigen Pause, die sich der Panikrocker gönnt, widmet er sich einem Glas Eierlikör - der Stimme wegen.

Kein Song ohne Schnickschnack

Begleitet wird Udo Lindenberg auf dieser Tour von einer rund 300-köpfigen Crew. Ein Aufwand, der sich mit der aufwendigen und schnellen Show erklären lässt. Wenn Udo nicht gerade selbst durch die Halle schwebt, turnen hoch oben über dem Publikum zum Beispiel Tänzerinnen an einem rotleuchtenden Cello herum. Dann wiederum funkelt eine Spiegelkugel von fast zwei Metern Durchmesser am Himmel über der Menge. Und schließlich schwebt eine fliegende Untertasse heran und tanzende Aliens seilen sich zu Udo ab. Hinzu kommen noch haushohe, aufblasbare Figuren wie Udos knallgrüne Glückssocken, die links und rechts neben der Bühne in die Höhe wachsen. Kein Song, bei dem nicht irgendein wunderbarer Schnickschnack passiert. Im Grunde müsste man die Show zwei Mal sehen, um alles mitzukriegen.

Schneider, Raab und Waalkes zu Gast

Möglicherweise ist die Show für Udo Lindenberg auch so etwas wie verspätete Geburtstagssause - denn der Panikrocker hat gleich reihenweise Freunde und Kollegen eingeladen. Ein halbes Jahr nach seinem Abschied als TV-Moderator bringt Stefan Raab den "Sonderzug nach Pankow" am Schlagzeug auf Trab. Helge Schneider zum Beispiel spaziert lässig zu "Das kann man ja auch so sehen" mit dem Saxofon auf die Bühne. Daniel Wirtz wiederum verpasst im Duett mit Udo dem Klassiker "Cello" einem deutlich rockigeren Sound – und mogelt in den Text von "Bunte Republik Deutschland“ ein paar Falco-Strophen hinein: "Rock me, Udo", heißt es nun. Für die größte Überraschung aber sorgt Otto! Udos frühere WG-Kumpane knöpft sich AC/DC vor. Aus "Highway To Hell" wird "Auf dem Heimweg wird’s hell". Mag platt klingen, aber schon die ersten Takte der Ostfriesen-Version lassen die Menge im Volksparkstadion ausrasten.

Eine Extraportion Jubel gibt es jedes Mal, wenn Udos Kinder-Chor - die "Kids on Stage" aus Düsseldorf - die Bühne stürmen. Mal sind sie als Mini-Udos mit Schlapphut unterwegs, mal sind sie Teil der großen Kostümparty bei "Candy Jane", als plötzlich gut 30 Leute über die Bühne tanzen. Trotz der Partylaune lässt es sich Udo Lindenberg nicht nehmen, für seine Idee einer bunten Republik und für ein weltoffenes und solidarisches Europa zu werben. Merkel, "Erdo-Wahn" und die AfD - sie alle kriegen einen Rüffel auf Udo-Art. Und als der Kinderchor schließlich den Klassiker "Wozu sind Kriege da?" singt, grollt der Panikrocker: "Kriege sind Völkerverarsche - müssen wir den Song ewig singen?"

Knalleffekt zum Schluss

Nach so einem starken Auftritt kann der Abgang nicht leise sein. Nach fast drei Stunden sagt Udo deshalb nicht einfach "Tschüs" und schleicht sich heimlich von der Bühne: Er lässt sich einen Raumanzug anlegen, steigt in sein Schwebegestell, lässt sich zu "Woddy Woddy Wodka" über das Bühnendach heben - und verschwindet im Dunkeln. Nicht ohne das Versprechen: "Ich schwöre, wir sehen uns wieder!" Den Fans bleiben noch ein krachendes Feuerwerk, Konfettiglitzer in der Luft und übergroße Luftballons, die über die Menge hüpfen. Und als das Licht angeht, steht auf den großen LED-Leinwänden nur noch: "Keine Panik!"

Quelle: ndr2, 12.06.16