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Lindenberg, Maffay und Silly singen gegen Nazis

Jena/dpa. Im Kampf gegen Rechtsextremismus bekommt die thüringische Universitätsstadt Jena den Beistand prominenter Künstler: Am 2. Dezember treten Rocksänger Udo Lindenberg, Peter Maffay und die Band Silly bei einem Anti-Nazi-Konzert in Jena auf, wie Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD) am Freitag mitteilte. Die Organisatoren rechnen mit weit mehr als 10 000 Besuchern. Die Stadt ist durch die Neonazi-Terroristen bundesweit in die Schlagzeilen geraten. Das rechtsextreme Terror-Trio, dem eine Mordserie an zehn Menschen und Anschläge bundesweit angelastet werden, wuchs in Jena auf.

 

 

Das Open-Air-Konzert unter dem Motto «Rock'n'Roll-Arena in Jena für die bunte Republik Deutschland» hat der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel vermittelt, der seit Jahren mit Lindenberg befreundet ist. Dieser habe auch eine fünfstellige Summe zur Unterstützung zugesagt, sagte Schröter, der in dem Konzert eine Anerkennung für das Engagement der Jenaer gegen Rechtsextremisten sieht. Genau an der Stelle, an der die Bühne für Lindenberg, Maffay und Co. aufgebaut wird, demonstrierten im September 2007 tausende Jenaer friedlich gegen ein Rechtsrock-Festival. Es war der letzte Nazi-Aufmarsch, den die Jenaer in ihrer Stadt zuließen.

 

Und sie sind dankbar für die Unterstützung der prominenten Künstler. Denn seit bekannt wurde, dass das Neonazi-Trio Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in der zweitgrößten Stadt Thüringens aufwuchs, sieht man sich auch dem Klischee «braune Stadt im Osten» ausgesetzt. Die Stigmatisierung einzelner Städte helfe im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht weiter, heißt es in einer Erklärung, die der Jenaer Stadtrat in dieser Woche verabschiedete. Gleichwohl müsse man selbstkritisch fragen, ob es in der Stadt selbst Versagen gegeben habe.

 

Für Empörung hat in Jena etwa die ZDF-Kultursendung «Aspekte» mit einem Beitrag über Rechtsextremismus in Ostdeutschland geführt. In einem offenen Brief beklagten Kritiker einseitige und «reißerische» Berichterstattung, die nach der Mordserie von Neonazis den gesamten Osten zur «Sperrzone» für Bürger mit Migrationshintergrund erkläre. Auf «Facebook» gibt es inzwischen mehrere hundert empörte Einträge, nicht wenige sehen in dem Beitrag das jahrelange Engagement der Stadt gegen Neonazis verunglimpft.

 

«Das Klischee von der braunen Stadt verfängt bei Jena überhaupt nicht», findet auch der Sänger, Schauspieler und Kabarettist Rainald Grebe. «Das kommt von den Leuten, die Jena nur vom Vorbeifahren auf der A4 kennen.» Grebe arbeitete von 1999 bis 2004 als Schauspieler und Dramaturg am Theaterhaus Jena, er startete hier seine bundesweite Karriere. «Ich habe Jena als aufgeschlossene Universitätsstadt auch mit einer lebendigen alternativen Szene erlebt», sagte der Künstler der Nachrichtenagentur dpa.

 

So sehen das auch viele Internet-Nutzer. Der friedliche Widerstand tausender Menschen habe dafür gesorgt, dass es seit 2007 keinen rechtsextremen Aufmarsch mehr in der Stadt gegeben habe und der Versuch scheiterte, ein rechtsextremes Rockfestival zu etablieren, lautet der Tenor. Erst vor wenigen Tagen wurde dies vom Förderkreis «Denkmal für die ermordeten Juden Europas» und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin gewürdigt, dessen Preis für Zivilcourage gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Rassismus Jenas OB Albrecht Schröter erhielt.

 

In dem «Aspekte»-Bericht reist der deutsch-bengalische Schriftsteller Steven Uhly nach Jena und sagt unter anderem, er habe Angst, sich im Osten frei zu bewegen. «Aspekte» bedauerte, dass der Beitrag Empörung hervorgerufen habe. Der Sender kündigte eine Diskussionsveranstaltung mit Jenas Oberbürgermeister Albrecht Schröter für den 5. Dezember an - drei Tage nach Udo Lindenbergs Besuch.

Quelle: MZ, 25.11.11